Freitag, 31. August 2012

Arbeiten an einem Duo-Programm

Zur Zeit bin ich in einer intensiven Probenphase mit Jennie Zimmermann für die Arbeit an einem gemeinsamen Programm. Dabei tasten wir uns von unseren künstlerischen Interessen hin zu einem gemeinsamen Profil. Hier ein Auszug aus einer Improvisation, bei der wir unsere Stimmen in Ableton live loopen und mit Effekten versehen. Unsere Laptops sind nicht rhythmisch synchronisiert, da wir an einem offenen, "ambientösen" Prozess interessiert waren.



Das folgende Video zeigt eine Probe für Vokalimprovisationen zu meiner Komposition "Afrobeant". Die Probe war vorbereitend für unseren ersten Kurzauftritt, im Rahmen des Freakshow-Festivals unter einem Baum im Garten der Villa Kuriosum in Berlin.



Wir haben darauf abgezielt, dort als organischer Teil des Gartens in Erscheinung zu treten, dementsprechend habe ich auch der Musik einen Möbelmusik-Charakter gegeben. Die Komposition "Afrobeant" besteht aus zwei Hauptstimmen, die sich in zwei bzw. dreitaktigen Zyklen wiederholen und einen ruhigen, aber doch rhythmischen, sanft walzernden Charakter haben, vielleicht einem afrikanischen Wiegenlied ähnlich. Um diesen Charakter zugunsten einer mehr statischen Situation aufzubrechen habe ich Stillen eingefügt, die nun mittels der Launch-Funktion in Ableton live unregelmäßig, aber durch Wahrscheinlichkeiten regelbar, auftreten. Das Tonmaterial, das nun erklingt, entspricht immer genau den Zyklen, erhält aber durch die umgebende Stille den Charakter des Fragmentarischen. Ich habe gelesen, das John Cage per Zufallsverfahren Stillen in traditionelle Choräle eingefügt hat, daher lag die Idee nahe, so ein Verfahren zu nutzen; mir macht´s großen Spaß, die Wahrscheinlichkeiten zu ändern und dementsprechend unterschiedlich dichte oder lose Fassungen des Stückes zu erhalten. Der Gesang in dem Video zu Afrobeant ist geprägt vom tastenden Versuchen, eine erste Improvisation, perspektivisch könnte er sich stärker auf das instrumentale Material beziehen und damit verschränken.


Die Kostümierung ist Teil unserer Suche nach einem gemeinsamen Charakter als Duo. Als Para Hybrid bin ich ein poetisch-sexuelles Zwitterwesen und bringe eine gewisse Anstößigkeit und Fragwürdigkeit mit, dafür gilt es einen stimmigen Rahmen zu finden und eine stimmige Konstellation zu finden. Das obige Video legt die Assoziation Phantasie-Person und Phantasie-Tier nahe, was einen Unterschied zwischen uns andeutet, der sich aber in der Musik und unserem gemeinsamen Singen nicht findet. Darum haben wir uns beim Auftritt für eine andere Lösung entschieden.







Als zweites Stück haben wir dort meine Komposition "Dishöz" gespielt, hier sind wir bei einer der ersten Proben dafür zu sehen.

Das Stück liegt schon lange bei mir in der virtuellen Schublade, es basiert auf einer rhythmischen Kette von 4, 3, 3, 3, und 4, 3, 3, 2. Der erste und zweite Teil sind nahezu identisch, nur in der letzten Impulsgruppe des zweiten Teils wird ein Ton ausgespart. Gemeinsam ergeben die Teile mit 13 bzw. zwölf Impulsen 25 Impulse, Jennie fiel dazu eine Phrase mit 12 Impulsen ein, die wir nun 12 + 12 + 1 singen, also nach jedem zweiten Durchgang einen Impuls Pause einsetzen, so dass beide Figuren die Länge von 25 Impulsen gemeinsam haben. Hier eine Skizze in Ableton live, wo die Überlagerung beider Phrasen zu hören ist:



(Ich würde das gerne mal mit mehreren Singenden statt Loops umsetzen, dann ist es lebendiger)

Übereinander gesungen ergeben die unterschiedlichen Akzentuierungen in den Phrasen - besonders zu Beginn des zweiten Teils beider Phrasen - wunderschöne polyrhythmische Spannungsfelder (ebenso auch die Ergänzung eines 2/4 Elements in der Percussion, dass sich dann zu dem ungeraden 25er Muster ständig verschiebt), nach denen ich mir die Finger lecke und deren Mehrdeutigkeit eine gewisse Spannung aufrecht erhält, auch wenn wir den Zyklus schlicht immer wieder wiederholen. Zumindest ich empfinde das so und es begeistert mich, musikalisch einfach bei einer Sache zu bleiben, nicht verschiedene Momente in einem Ablauf zu kontrastieren sondern die volle Konzentration und Intensität einem musikalischen Moment zu widmen.

Samstag, 11. August 2012